Positionen

Ohne Allgemeine Verwaltung kein Öffentlicher Dienst

Der Landesgewerkschaftstag der DVG Sachsen-Anhalt hat am 15. Oktober 2019 folgenden Leitantrag beschlossen.

Der Geburtenrückgang und die Verbesserung der Lebenserwartung bedeuten nicht nur für die Gesellschaft eine der größten Herausforderung der nächsten Jahrzehnte. Vor allem der öffentliche Dienst wird sich dieser Herausforderung stellen müssen.

Im Jahr 2019 wird das Durchschnittsalter der Beschäftigten und Beamten in der Landesverwaltung Sachsen-Anhalt voraussichtlich 51,90 Jahre betragen. Dazu kommt die deutlich gesunkene Zahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst seit der Wiedervereinigung.

Vielen Bürgerinnen und Bürgern aber vor allem vielen Schulabgängern ist nicht bewusst, welche Leistungen sich hinter dem Begriff „öffentlicher Dienst“ verbergen und welche Aufgabenvielfalt sich daraus ergibt. Ohne einen funktionierenden öffentlichen Dienst würde es keinen funktionierenden Staat geben. Gerade in der Wirtschaftskrise at sich dies einmal mehr bewiesen.

Um dies aber auch in Zukunft sicherstellen zu können, braucht der öffentliche Dienst motivierte Mitarbeiter. Diese können nur durch die Einsicht der Arbeitgeber gewonnen werden, sich zur Ausbildung als Instrument der Nachwuchsgewinnung und zur Übernahme nach der Ausbildung zu bekennen. Die Sicherheit des Arbeitsplatzes als alleinigen Anreiz zu sehen ist allerdings eine Fehleinschätzung. Im Wettbewerb um qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber muss der öffentliche Dienst Perspektiven aufzeigen.

Gute und qualifizierte Nachwuchsgewinnung beinhaltet zudem, rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen, um die Schulabgänger und Schulabgängerinnen über die Leistungen, Aufgaben und Ausbildungsmöglichkeiten im öffentlichen Dienst zu informieren. Dazu gehört es aber auch den öffentlichen Dienst wieder interessanter zu gestalten. Nur durch attraktive Arbeits- und Einkommensbedingungen, eine sichere und verlässliche Versorgung sowie flexible Arbeitszeitmodelle und Karriereperspektiven kann es den Arbeitgebern gelingen, das Image, welches dem öffentlichen Dienst noch immer anhaftet, zu verdrängen und dem bereits jetzt herrschenden Mangel von qualifiziertem Nachwuchs entgegenzuwirken.

Durch die bereits jetzt durch die Föderalismusreform bedingte sehr unterschiedliche Gehaltsentwicklung in den einzelnen Besoldungsgruppen entsteht zwischen den Bundesländern und dem Bund ein sehr starker Konkurrenz- und Abwerbungskampf.

In diesem Zusammenhang fordert die DVG Sachsen-Anhalt:

  1. Erhöhung der jährlichen Sonderzahlung (Weihnachtsgeld) und Einbau der ungekürzten, ursprünglichen Beträge in die Grundgehaltstabellen
  2. Rechtsanspruch auf vom Arbeitgeber/Dienstherrn bezahlte Fortbildung und Quali-
    fizierung auch nach dem Ende der Ausbildung,
  3. Weitere Flexibilisierung des Laufbahnrechts, Durchlässigkeit bei Aufstiegen aus Laufbahngruppe 1, 2. Einstiegsamt in Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt
  4. Laufbahnrechtliche Umsetzung der Bachelor und Master – Abschlüsse
  5. Anhebung der Eingangsämter auf Besoldungsgruppe A 7 für die Laufbahngruppe 1, 2. Einstiegsamt im allgemeinen Verwaltungsdienst und auf Besoldungsgruppe A 10 für die Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt im allgemeinen Verwaltungsdienst

Aber nicht nur die Gewinnung von qualifiziertem Nachwuchs ist wichtig. Auch für die bereits im öffentlichen Dienst Beschäftigten ist es erforderlich, attraktive Perspektiven zu bieten.
Hierfür sind eine weitere Modernisierung und Flexibilisierung des Dienstrechtes unabdingbar.

Die DVG Sachsen-Anhalt fordert eine leistungsgerechte Bezahlung, flexible Arbeitszeitmodelle und interessante Karrierebedingungen.

Der öffentliche Dienst muss auch in Zukunft konkurrenzfähig bleiben im Wettbewerb mit der privaten Wirtschaft um die leistungsfähigen und motivierten Bewerberinnen und Bewerber. Hierzu müssen die Beschäftigungs- und Bezahlungsbedingungen mit denen in der privaten Wirtschaft vergleichbar sei.

Einen öffentlichen Dienst mit den heutigen Standards sichern wir nur, wenn es auch bei einer deutlich geringeren Zahl von Schulabgängern gelingt, die leistungsfähigen jungen Menschen zu einem Berufsstart im öffentlichen Dienst zu gewinnen. Diese Frage ist damit die zentrale Herausforderung der Zukunft und ist entscheidend bei dem Erhalt und der Sicherung von Zukunftschancen.

Die DVG Sachsen-Anhalt fordert weiter:

  1. Wirkungs- und zeitgleiche Übertragung der Tarifabschlüsse auf die Beamten und
    Versorgungsempfänger
  2. Leistung anerkennen: Beförderungen sind das zentrale Mittel der Leistungshonorierung und wichtig für die Motivation der Beschäftigten. Hierfür sind ausreichend Stellen und Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen.
  3. Statt starrer Altersgrenzen flexibler Übergang in den Ruhestand, Möglichkeit des Hinausschiebens des Ruhestandseintritts auf Antrag des Beamten über Anreize fördern und auch genehmigen.
  4. Übernahme der Verbesserungen des Rentenversicherungs-Leistungsverbesserungsgesetzes, insbesondere bei der Kindererziehung von vor 1992 geborenen Kindern und der abschlagsfreien Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren in das Landesbeamtenversorgungsgesetz
  5. Leistungsgerechte Perspektiven für die Tarifbeschäftigten durch bessere Bezahlung durch bessere Eingruppierung, Zusatzversorgung garantieren
  6. Fortsetzung der landesbezogenen Tarifverträge zur Teilzeit und Altersteilzeit

Im öffentlichen Dienst ist auch bei einer Verwaltung 4.0 die Arbeit von Menschen für Menschen und der persönliche Kontakt mit den Bürgern vor Ort unerlässlich.

Hierzu fordert die DVG Sachsen-Anhalt:

  1. Moderne IT-Systeme, schnelle Vernetzung, bessere Softwareergonomie
  2. Alters- und alternsgerechte Arbeitsplätze
  3. Lebensphasenorientierte Arbeitszeitmodelle
  4. Ausbau der Heim- und Telearbeitsplätze
  5. Investition in Qualifizierung und Weiterbildung von Beschäftigten in und für alle Lebensphasen
  6. Strukturiertes Gesundheitsmanagement mit ausreichender Personal- und Finanzzuweisung sowie klaren Kompetenzen

Die Mitbestimmung der Beschäftigten und Beamten in den Dienststellen ist weiter auszubauen. Die DVG Sachsen-Anhalt fordert hierzu:

  1. Bei der Wahl des Vorstandes des Personalrates die vertretenen Gruppen chancengleich berücksichtigen
  2. Verbesserung der Freistellungsmöglichkeiten für Mitglieder des Personalrates
  3. Stärkung der rechtlichen Stellung der Jugend- und Auszubildendenvertretung
  4. Anpassung der unzureichenden Regelungen zum Datenschutz
  5. Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Personalräte
  6. Die sogenannte große Wegstreckenentschädigung auch für Personalratsmitglieder.

Das vom Landtag im Jahr 2019 verabschiedete Gesetz zur Änderung des Landespersonalgesetzes Sachsen-Anhalt ist nach Beurteilung der DVG Sachsen-Anhalt völlig unzureichend.
Der gesamte Gesetzestext strotz vor sprachlichen Änderungen und Umsetzung von bereits bestehender Rechtsprechung. Verbesserungen der Arbeitsbedingungen der Personalräte und der Beteiligung der Beschäftigten in den Dienststellen finde man nicht.
Auch der derzeit stattfindende Transformationsprozess der Verwaltung im Rahmen der Digitalisierung wurde durch die Abgeordneten der Regierungskoalition als nichtexistent betrachtet. Das neue Gesetz enthält hierzu keine Regelungen.
Die DVG Sachsen-Anhalt tritt bei der Landesregierung mit Nachdruck dafür ein, dass alle Auszubildenden nach erfolgreichem Abschluss der Berufsausbildung in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis zum Land Sachsen-Anhalt übernommen werden.

Unter Berücksichtigung der Auswirkungen des zu erwartenden demografischen Wandels fordert die DVG Sachsen-Anhalt die Landesregierung dringend auf, auch in Zeiten angespannter Haushalte antizyklisch zu handeln und eine angemessene Altersstruktur in der Verwaltung des Landes Sachsen-Anhalt als ein Grundziel vernünftiger und langfristig ausgerichteter Personalpolitik zu definieren und zu verfolgen.

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Leitantrag vom 15.10.2019 25.13 KB 59 downloads

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